2025: KI ist angekommen – Was entscheidet über den Erfolg in KMU?
Ein Praxisblick aus CX-Perspektive von Laura Wanger
2025 hat gezeigt: Künstliche Intelligenz ist kein Zukunftsthema mehr. Sie ist im Alltag vieler Unternehmen angekommen – auch bei kleinen und mittleren Unternehmen. Trotzdem bleibt eine zentrale Frage offen: Wie wird aus KI echter Nutzen und nicht nur ein weiteres Experiment?
Während Konzerne eigene KI-Abteilungen aufbauen, stehen KMU vor einer anderen Realität: Wenig Zeit, begrenzte Ressourcen und der Anspruch, dass Lösungen im Alltag funktionieren müssen. Genau hier entscheidet sich, ob KI zum Fortschritt wird – oder zur nächsten Baustelle.
Die Realität: KI-Integration scheitert oft – aber nicht an der Technologie.
McKinsey zeigt in ihrer aktuellen State of AI Studie: Nur ein Bruchteil der KI-Projekte erreicht die angestrebten Ziele. Der Grund ist selten die Technologie selbst. Es sind die ungeklärten Fragen drumherum:
- Wie fügt sich KI in bestehende Systeme ein?
- Wer trägt die Verantwortung für automatisierte Entscheidungen?
- Wo endet die Automatisierung – und wo beginnt der Mensch?
Für KMU heisst das konkret: Ein KI-Tool mag perfekt funktionieren, aber wenn es nicht mit dem CRM kommuniziert, wenn niemand die Ausgaben prüft oder wenn Datenschutzfragen ungeklärt sind, bleibt es ein Experiment. Kein stabiler Prozess.
Die unterschätzte Gefahr: Die Pilot-Falle
Viele KMU starten KI-Projekte mit Erfolg. Ein automatisierter Textvorschlag hier, eine Kategorisierung dort. Die ersten Ergebnisse sind gut. Und dann passiert: nichts.
Der funktionierende Prototyp wird nicht in den Alltag überführt. Nicht aus mangelndem Willen, sondern weil im Tagesgeschäft die Kapazität fehlt, aus dem Experiment einen verlässlichen Prozess zu machen. Das Problem: Für Kunden gibt es keine Pilotphase. Sie erleben nur, ob eine Antwort kommt – zuverlässig oder eben nicht.
Genau hier verschenken KMU Potenzial. Nicht weil die Technologie versagt, sondern weil die Überführung in den Regelbetrieb unterschätzt wird. Dabei muss nicht alles intern gestemmt werden: Externe Anbieter – etwa Mitglieder aus dem KI-Konkret Netzwerk – können gezielt dort unterstützen, wo im Alltag Know-how oder Kapazität fehlt.
Der blinde Fleck: KI wird als Effizienzprojekt gedacht, ist aber ein Erlebnisfaktor
Die meisten Unternehmen starten KI-Projekte mit einem Ziel: schneller oder günstiger werden. Das ist nachvollziehbar – und greift zu kurz. Aus Kundensicht gibt es keine Prozesse. Es gibt nur: Wurde mir geholfen? War die Antwort klar? Fühle ich mich ernst genommen?
Ein Beispiel: Eine automatisch kategorisierte Reklamation, die innerhalb von zwei Stunden eine klare Antwort erhält, ist nicht nur effizienter. Sie ist für den Kunden ein Zeichen von Verlässlichkeit. Gerade in sensiblen Momenten entscheidet nicht die Perfektion der Antwort, sondern die Geschwindigkeit und Klarheit über das Erlebnis.
KI stabilisiert hier das Kundenerlebnis – aber nur, wenn sie konsequent in den Alltag integriert ist. Der Mensch bleibt für Ausnahmen und Beziehung zuständig. Diese Rollenverteilung muss von Anfang an klar sein.
Was KMU wirklich brauchen sind weniger Strategie sonder mehr klare und anwendbare Leitplanken.
Denn nicht jedes KMU braucht eine umfassende KI-Strategie.
Aber jedes KMU braucht klare Antworten auf drei zentrale Fragen:
- Welches konkrete Problem löst KI?
Nicht „Effizienz steigern“, sondern: „Wiederkehrende Anfragen automatisiert beantworten.“ - Wo entlastet KI spürbar?
Für Kunden und Mitarbeitende. Entlastung schafft Raum für das, was KMU stark macht: persönliche Beratung, Erfahrung, Beziehung. - Wer behält die Verantwortung?
KI trifft keine Entscheidungen. Menschen tun das. Die Frage ist nur: Wer prüft, wer greift ein, wer trägt die Verantwortung?
Studien zeigen zudem: Teams, die KI gezielt einsetzen, behalten langfristig mehr Einfluss in ihren Organisationen als solche, die darauf verzichten. Nicht weil sie ersetzt werden, sondern weil sie die Werkzeuge verstehen und steuern können.
Mein Fazit: Customer Experience als Kompass
KI ist kein Selbstzweck. Für KMU ist sie dann wertvoll, wenn sie hilft, statt nur zu glänzen.
Customer Experience funktioniert dabei wie ein Kompass: Sie zwingt dazu, jede Automatisierung aus Sicht der Kunden zu denken. Fühlt sich das stimmig an? Ist es nachvollziehbar? Wird Verantwortung übernommen?
KI wird im Mittelstand nicht daran gemessen, wie modern sie ist, sondern daran, ob sie den Alltag für Kunden und Mitarbeitende tatsächlich einfacher macht. Alles andere ist Pilotphase.
Quellen:
Studienquelle: McKinsey – The State of AI
Foto von Jud Mackrill auf Unsplash